Antworten vom Landkreis bzw. der Landkreisverwaltung zu Probebohrungen im Karstgebiet bei Questenberg 1. Oktober 202428. Oktober 2024 Mit Datum vom 18.10.2024 übersandte der Landkreis folgende Antwort: Datei als PDF zum Herunterladen Anfrage Das Unternehmen Knauf Gips KG plant erneut Probebohrungen in einem Gebiet, das wertvolle Naturräume und Schutzgebiete umfasst. Knauf beruft sich dabei auf den Koalitionsvertrag des Landes Sachsen-Anhalt, der eine Sicherung von Rohstofflagerstätten als Teil des Landesentwicklungsplans vorsieht. Dabei wird außer Acht gelassen, dass der Südharz nicht nur eine Region von hoher ökologischer Bedeutung ist, die durch intensive Rohstoffgewinnung stark beeinträchtigt werden könnte, sondern auch eine Region, in der mit öffentlichen Mitteln andere wirtschaftliche Ziele erreicht werden sollen (u.a. naturnaher Tourismus, UNESCO-Anerkennung Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz, Aufbau nachhaltiger Wirtschaft, Schaffung neuer Arbeitsplätze), die durch einen weiteren Abbau von Naturgips konterkariert würden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Landkreis: Warum wurden die Unterlagen der Firma Knauf Gips KG in der vorgelegten Form akzeptiert, obwohl Experten davon ausgehen, dass nicht alle Risiken und Schutzziele ausreichend in den Gutachten benannt und diskutiert wurden? Schließlich können bereits mit der Durchführung von Bohrungen im Karst irreparable Schäden entstehen. Antwort zu 1. Die Firma Knauf Deutsche Gipswerke KG (nachfolgend Fa. Knauf) hat mit dem Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 5 LSG-VO auch entsprechende Fachgutachten beigefügt. So wurde eine FFH-Erheblichkeitseinschätzung und Verträglichkeitsprüfung sowie ein hydrogeologisches Gutachten von entsprechenden Fachplanungsbüros eingereicht. Diese Fachplanungen waren in sich plausibel und schlüssig. Dass – wie Sie anführen – im Rahmen der Beteiligung Experten davon ausgehen, dass nicht alle Risiken und Schutzziele hinreichend betrachtet wurden, steht dem grundsätzlich nicht entgegen. Es entspricht dem Sinn und Zweck eines Beteiligungsverfahrens, dass auch andere Meinungen und Auffassungen eingebracht werden, die im Rahmen des Genehmigungsverfahrens gewürdigt werden müssen. Warum wurden die Gutachten akzeptiert, obwohl es hier erkennbar und in den Unterlagen selbst dargelegt ist, dass in den Naturschutz- und FFH-Gebieten Verbotstatbestände für die Durchführung der geplanten Arbeiten gegeben sind? Antwort zu 2. Die geplanten Bohrpunkte liegen im FFH-Gebiet „Buntsandstein- und Gipskarstlandschaft bei Questenberg im Südharz“ (DE-4432-301). Nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 der Landesverordnung zur Unterschutzstellung der Natura 2000-Gebiete im Land Sachsen-Anhalt (N2000-LVO LSA) ist es verboten die Oberflächengestalt durch Abgrabungen, Aufschüttungen, Auffüllungen oder auf andere Weise zu verändern, Deponien oder Zwischenlager zu errichten oder Erdaufschlüsse anzulegen, Mineralien und sonstige Bodenschätze zu suchen, zu gewinnen oder sich anzueignen sowie untertägig Stoffe abzulagern. Gemäß § 13 Ab. 1 Nr. 1 N2000-LVO LSA sind jedoch von den Schutzbestimmungen der §§ 6 bis 12 sowie § 3 der jeweiligen gebietsbezogenen Anlagen dieser Verordnung Pläne oder Projekte freigestellt, die sich im Rahmen der Prüfung gemäß § 34 Absatz 3 bis 5 BNatSchG erfüllt sind; die Maßstäbe für die Verträglichkeit ergeben sich aus dem in dieser Verordnung festgelegten Schutzzweck des jeweiligen besonderen Schutzgebietes und den dazu erlassenen Vorschriften. Aufgrund der Lage des Vorhabens im FFH-Gebiet wurde durch die Fa. Knauf eine vom Planungsbüro Dr. Weise GmbH erstellte FFH-Erheblichkeitseinschätzung und Verträglichkeitsprüfung eingereicht. Im Ergebnis dieser FFH-VP war festzustellen, dass die Verträglichkeit der Probebohrungen mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebietes unter Berücksichtigung der darin enthaltenen Vermeidungsmaßnahmen gegeben ist. Lediglich in einem Fall konnte eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele nicht ausgeschlossen werden, so dass auf eine Bohrung verzichtet wurde. Des weiteren befinden sich die Bohrstandorte im Naturschutzgebiet „Gipskarstlandschaft Questenberg“ (NSG0166). Aus der Lage im NSG ergeben sich nach hier vertretener Auffassung keine weiteren Anforderungen. Zwar sind im NSG alle Handlungen verboten, die das Naturschutzgebiet oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen, verändern oder nachhaltig beeinträchtigen können. Aufgrund der Geringfügigkeit des mit den Bohrungen verbundenen Eingriffs ist vorliegend der Verbotstatbestand nicht erfüllt. Die geplanten Bohrungen befinden sich ausschließlich im Bereich vorhandener Wegflächen. Dieser Auffassung ist auch das Landesverwaltungsamt gefolgt. Aus der Lage der Bohrstandorte im Landschaftsschutzgebiet „Harz und südliches Vorland“ (LSG0032SGH), im Biosphärenreservat „Karstlandschaft Südharz“ (BR0003LSA) und dem Naturpark „Harz/Sachsen-Anhalt“ (NUP0004LSA) ergeben sich ebenfalls keine weiteren Anforderungen. Warum wurde das Verfahren nach § 49 WHG akzeptiert, obwohl es hier nicht nur um Grundwasserschutz geht, sondern um die Frage der Rohstoffgewinnung, die einer viel umfassenderen Verfahrensregelung inkl. Öffentlichkeitsbeteiligung unterworfen ist? Antwort zu 3. Unter Pkt. 3 fragen Sie an, warum das Verfahren nach § 49 WHG akzeptiert wurde, obwohl es nach Ihrer Ansicht nicht nur um den Schutz des Grundwassers geht, sondern um die Frage der Rohstoffgewinnung, welche einer umfassenderen Verfahrensregelung inkl. Öffentlichkeitsbeteiligung unterworfen ist. Bei der Auswahl des Verfahrens geht es nicht um Akzeptanz, sondern allein darum, was der Gesetzgeber in den jeweiligen Fällen vorsieht. Für das Abteufen von Erdbohrungen hat der Gesetzgeber in § 49 WHG lediglich ein Anzeigeverfahren vorgesehen. Vorliegend geht es auch noch nicht um eine Rohstoffgewinnung, sondern lediglich um Erkundungsbohrungen. Ob mit den geplanten Bohrungen auch eine Grundwasserbenutzung im Sinne des WHG einhergeht und somit eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich ist, wird derzeit noch geprüft. Warum wurde die gesetzlich mögliche Bearbeitungszeit von einem Monat seitens der Behörden des LK nicht ausgenutzt – und damit letztlich auch die Naturschutzverbände völlig unnötig unter zeitlichen Druck gesetzt? Antwort zu 4. Die kurze Fristsetzung resultierte aus der Notwendigkeit, dass die Bohrungen zum Zwecke der Lagerstättenerkundung noch in diesem Jahr durchgeführt und abgeschlossen werden, damit die dabei gewonnenen Erkenntnisse noch im Landesentwicklungsplan, welcher sich derzeitig in der Überarbeitung befindet, Berücksichtigung finden können. Die Fragen wurden am 1.10.2024 dem Landkreis übergeben.