Fußfesseln für Frauenschläger? Das steht über einem Artikel in der MZ von 22.12.2023

Die Überschrift ist ja etwas reißerisch, denn es gibt ja nicht nur Frauenschläger, fällt mir als erstes ein. Allerdings ist so eine Maßnahme ja nur das „Ende der Fahnenstange, wenn das Kind schon in den Brunnen  gefallen ist“.  Ein Anstieg der Verletzung der Auflagen von elf Prozent in diesem Jahr zeigt auch, dass wirksame Überwachung nicht da ist.

Der Vorsitzende des weißen Rings, Patrik Liesching, hat Bundesminister Marco Buschmann (FDP) aufgefordert, elektronische Fußfesseln für Gewalttäter zu ermöglichen. Jeden Tag versucht ein (Ex)Partner eine Frau zu töten und jeden dritten Tag gelingt es. Ganz zu schweigen von den möglichen Kindern und anderen Familienangehörigen, welche mit betroffen sind. Das ist schnell eine riesige Blase. Zumal Gewalt nur eine Endstufe von unzähligen Vorstufen von Erniedrigung und Unterdrückung ist.

Letztendlich ist Gewalt und Unterdrückung von Schwächeren ein Ausdruck von Hilflosigkeit und Unvermögen, mit persönlichen Krisen angemessen umzugehen.

Außerdem werden die Kontaktverbote von den Tätern häufig nicht eingehalten und wer soll das alles überwachen? Bei steigender Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft sind Polizei, Jugendamt, Ordnungsamt, Bundeswehr, und Sozialarbeiter schon unterbesetzt.

In Spanien soll durch die Einsetzung der Fußfessel die tödliche Verletzung von Frauen deutlich zurückgegangen sein. Das ist ein Ergebnis, aber was ist mit den Folgen jahrelanger Gewalt, die schon ausgehalten wurde? Wie gehen die jetzt zuständigen  Institutionen mit betroffenen Frauen um, die sich mit Hilfeersuchen an sie wenden? Wie überfordert sind PolizistInnen, RichterInnen und JugendamtmitarbeiterInnen, entsprechende Beratungsstellen, wenn die betroffene Frau /Mutter Szenen aus dem täglichen Zusammenleben schildert, diese richtig einzuschätzen und wirksam zu helfen? Gibt es die richtigen Ausbildungen und andere Instrumente um hier wirksam zu sein oder  müssen wir auf dem Gebiet der sozialen Hilfen auch reformieren?

Dies alles zu hinterfragen, zu kritisieren und an die geänderten Bedingungen anzupassen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht hinter Kriegen und Katastrophen zurückstehen dürfen. Denn wenn es schief geht, ist das die alles überschattende Katastrophe.

Ursachenforschung und Entwicklung von Maßnahmen hin zu einer menschenzugewandten rücksichtvollen Lebensweise, zu einem Lebensstil mit Kreativität, Gestaltungswillen und dem Gefühl etwas schaffen zu wollen und zu können, das wäre ein Idealzustand. Ihn zu erreichen braucht Willen und Zeit über mehrere Generationen.

Auf dem Wege dahin ist der Einsatz von Sozialarbeit in allen Bereichen unabwendbar und unbedingt erforderlich. Ein Bereich davon ist Schulsozialarbeit und auch Kita-Sozialarbeit. Je früher damit angefangen wird, desto eher erreicht sie die Kinder, kann sie stärken und stützen – welche ja schließlich die Erwachsenen von morgen sein werden.

Erfolge in diesen Bereichen können sich positiv auf die gesamtgesellschaftliche Entwicklung der Zukunft auswirken.

Ausgaben in diesen Bereichen sind zunächst mal nicht produktiv, können aber künftig erforderliche Maßnahmen wie Investitionen in Kinderheime, psychiatrische Einrichtungen, Gerichte, Gefängnisse, Jugendämter, Polizei, Ordnungsamt usw. mit immer größeren Kosten reduzieren.

Sozial fähige und gestärkte junge Menschen sind  leistungsfähiger und gesellschaftsfähiger, bessere Eltern und Partner, das wäre  mal eine wirksame Investition in eine friedlichere Zukunft.